Tani: "Hey Björni... hast du auch so eine Lust auf Italien?"
Björn: "HUUUUUUUUP"
Tani: "Und denkst du, dass wir viel erleben und sehen werden?"
Björn: "HUUUUUUUUUUUUUUUP"
Tani: "Das glaube ich aber auch... nur wegen der Kälte müssen wir mal ein bisschen aufpassen."
Björn: "HUUP HUUP HUUP HUUP HUUP HUUP."
Sarah: "Tani, würdest du bitte aufhören die ganze Zeit zu hupen... die Leute schauen schon total entsetzt!!"
Und so verließen wir Frankreich... mit einem Herzen gefüllt von neuen Erfahrungen, den Kopf voll wunderschöner Bilder und Erinnerungen und einer ganzen Menge verstörter Blicke, die unserem Bus folgten.
Für Italien standen viele schöne Vorhaben auf unserem Plan. Wir wollten an der Westküste entlang in den Süden fahren. Am Ende sollte unser größtes Ziel auf uns warten: der Ätna auf Sizilien. Doch dazwischen hatten wir noch ganz ganz viele andere Sachen, die wir sehen und erleben wollten, außerdem stand sowohl Weihnachten, als auch Silvester vor der Bustür. Doch erst einmal hatten wir uns ein paar anstrengende Autofahrtage vorgenommen, um unser erstes Ziel zu erreichen. “La Spezia” ist eine Stadt, die uns von einer Freundin von Sarah empfohlen wurde und so beharrte sie auf einen Besuch der Metropole, die in einem atemberaubend schönen Nationalpark gelegen ist, dem “Cinque Terre”.
Wir fanden einen bezahlbaren und überwachten Parkplatz, von dem aus wir los bummelten. Wir gingen am Pier spazieren, liefen durch schöne kleine Gassen und kauften hier und da Etwas ein. Sarah bemerkte, dass Tani sich sehr komisch verhielt. Andauernd schaute er auf sein Handy, war bei Gesprächen völlig abwesend und schaute sich ständig sehr auffällig, unauffällig um. Sie hatte schon einen Verdacht, als Tani meinte: "Dreh dich nochmal zum Wasser, ich will ein Foto machen... ja... genau so ... und jetzt nochmal zu mir schauen... perfekt... genau so... und jetzt schau mal hinter mich..."
Da standen Sarah´s Mama, Schwester mit ihren beiden Kindern und ihr Bruder grinsend. Auch wenn Sarah sich schon so etwas dachte, war die Freude riesig groß und es flossen auch ein paar Tränen bei dem überwältigenden Wiedersehen. Sarah konnte es kaum fassen, dass ihre Familie nur für sie diesen weiten Weg auf sich nahm. "Ihr seid doch verrückt!", sagte sie immer wieder. Tani hatte schon vor Abreise mit Sarah´s Mama den Plan für einen Überraschungsbesuch gefasst und so bot sich Sarah´s Geburtstag an. Hinter ihrem Rücken wurden Nachrichten ausgetauscht, eine Ferienwohnung gebucht und alles bis ins kleinste Detail geplant. Und dieser Plan hatte wunderbar funktioniert. Zusätzlich hatte Tani einer Freundin von Sarah geschrieben, sie solle ihr unbedingt "La Spezia" empfehlen. So dachte Sarah doch tatsächlich, der Vorschlag sich gerade diese Stadt anzuschauen, käme von ihr. An dieser Stelle: vielen Dank für deine Hilfe, Liesi! Es hat großartig geklappt. :)
Die Tage vergingen viel zu schnell. Wir schauten uns alle zusammen La Spezia an und gingen lange spazieren. An Sarah´s Geburtstag, einen Tag später, wurde ausgiebig gefrühstückt. Tani hatte es sogar geschafft Blumen zu besorgen. Sie erhielt ihre Geschenke und auch hier hatte Tani die eine oder andere Überraschung parat. So bekam sie z.b. ganz unverhofft ein kleines Päckchen von ihrer Freundin Anja. Das hatte Janine damals mit nach Mallorca gebracht und insgeheim an Tani weitergegeben. Ihre Mama hatte außerdem noch ein Geschenk von Anne-Sophie, welches zum Glück noch pünktlich ankam und sie es mitbringen konnte. Sarah freute sich so, wie Winnie Puuh sich über einen sehr großen Honigtopf freut, hätte sie doch nie damit gerechnet, dass alle an sie dachten und sich die Mühe machten, die Pakete in Umlauf zu bekommen. Danke an die ganze Familie und all die Freunde, die Sarah damit eine sehr große Freude bereiteten.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Zug in das malerische Fischerdorf "Vernazza" im Herzen von "Cinque Terre", das uns von Sarah Farmer (Lonelyroadlover Link siehe untern) empfohlen wurde, vielen vielen Dank für den wunderbaren Tipp.
Die kleinen bunten Häuschen, die dem kleinen Städtchen das ganz typische Aussehen der Gegend gaben, beeindruckten uns. Wir aßen echte Italienische Steinofen Pizza und ließen es uns so richtig gut gehen.
Wir genossen die Zeit sehr mit Sarah´s Familie. Abends wurde zusammen gegessen, geredet, gelacht GLÜHWEIN getrunken, gespielt und sogar "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" geschaut, was eine Weihnachtstradition der Familie ist. Außerdem nutzten wir natürlich wieder einmal ausgiebig den Luxus von einer heißen Dusche.
Der Besuch von Sarah´s Familie schaffte es doch tatsächlich, uns in Weihnachtsstimmung zu versetzen. Zum einen, weil wir das gute Internet in unserer Ferienwohnung nutzten, um einen Christmas-Gassenhauer nach dem anderen zu hören (wir hörten tatsächlich zum ersten Mal in diesem Jahr das Lied "Last Christmas"). Zum anderen, weil sie uns mit allerhand Knabbereien versorgten. So bekamen wir Glühwein und Lebkuchen, gebrannte Mandeln und Kinderpunsch, Stollen und Glühwein, Eierlikör und Plätzchen, Spekulatius und ganz wichtig: literweise Glühwein. Danke dafür!
Außerdem brachten sie uns ein großes Paket von Tani´s Familie mit, welches wir aber erst am Weihnachtsabend öffnen wollten. Unsere "Vorratskammer" war zum Bersten voll und unwichtigere Sachen wie Gewürze, Gemüse und Trinkwasser mussten den existenziellen Schlemmereien weichen. ;) Ein paar Tage vor Weihnachten war unsere gemeinsame Zeit in La Spezia zu Ende.
Wieder einmal stand uns ein sehr schwerer Abschied bevor. Es war unglaublich schön, dass unser Plan so super geklappt hatte und ihr es geschafft habt, uns besuchen zu kommen. Dank eurer guten Versorgung, können wir jetzt, bis wir im Mai wieder bei euch sind, Weihnachten feiern und Lebkuchen futtern. Vielen Dank für alles!
Gleich an diesem Tag fuhren wir in das nicht weit entfernte Pisa und schauten uns den schiefen Turm und die Kathedrale an. Grundsteinlegung des Turmes war schon im Jahre 1173, doch wegen des Absinkens des lehmigen, morastigen Untergrundes und der daraus resultierenden Schieflage des Gebäudes, wurde er erst etwa 100 Jahre später fertiggestellt. Tani witzelte noch, dass die Menschen in Pisa sicherlich die Pünktlichsten der ganzen Welt wären, da sie den Turm jetzt Dank der Schieflage als Sonnenuhr nutzen konnten. Der Neigungswinkel des Glockenturmes liegt bei etwa 4 Grad und macht sich sehr bemerkbar, wenn man die steinernen Treppen zur Spitze erklimmt. Tani schluckte ein weiteres Mal seine Höhenangst hinunter, wollte er sich doch vor all den vielen Touristen keine Blöße geben... unsicher lächelnd stellte er sich direkt an den Rand der Balustrade, um den starken Max zu markieren, wobei Sarah Angst hatte, dass durch seine zitternden Knie der Turm womöglich einstürzen könnte... Männer...
Unser nächstes Ziel war ein "heiß" begehrtes. Die Thermalquellen von Saturnia. Atemberaubende Bilder, die wir im Internet gesehen haben, Blogeinträge von anderen Reisenden, sowie die Aussicht auf ein heißes Bad, trieben uns voran. Als wir in dem winzigen Örtchen ankamen, bemerkten wir, dass es mit Stell- und Parkplätzen eher schlecht aussah und so entschieden wir uns, für zwei Nächte auf einem Campingplatz Halt zu machen. Wir standen am nächsten Morgen 6:30 Uhr auf , um die heißen Quellen ganz für uns alleine genießen zu können. Wir zogen los und auf dem Weg zu dem Badeplatz bemerkten wir schon einen sehr strengen Geruch nach faulen Eiern. Nachdem Tani hoch und heilig versprochen hatte, dass das nicht von ihm kam und Sarah noch skeptisch schaute, bemerkten wir, dass es das heiße Wasser war, das in einem kleinen Bachlauf dampfend neben uns entlang lief.
Während das Wasser unterirdisch von der Erdwärme erhitzt wird, reichert es sich außerdem mit Schwefel an und genau das war zu riechen. Wir erreichten den öffentlichen Badeplatz und waren völlig platt. Ein großer Wasserfall lies 37°C warmes, türkisblaues Wasser in kleine ineinander laufende Wasserbecken plätschern. Bei der recht kühlen Außentemperatur dampfte das ganze Spektakel und die gerade aufgehende Sonne glitzerte durch die dichten Nebelschwaden. Bei 6°C zogen wir uns bis auf unsere Badesachen aus und dachten uns bibbernd, dass es doch völlig verrückt sei, mitten im Winter und kurz vor Weihnachten, im freien Baden zu gehen. Vorsichtig stiegen wir in das Wasser. Den Witz, dabei Weihnachtsmannmützen zu tragen, fanden wir erst wieder lustig, als wir endlich im Warmen lagen.
Sofort stellte sich eine Ganzkörper-Entspannung ein. Es war unglaublich, verrückt, abgefahren und einfach der absolute Wahnsinn. Nicht nur, dass die Becken perfekt geschaffen waren, um darin zu liegen, der Boden war außerdem mit kleinen runden Kieseln bedeckt, die einem den Rücken massierten. Wenn man sich mit dem Kopf am nächst höheren Becken anlehnte, wurde einem vom herabfallenden Wasser der Nacken durchgewälzt. Der pure Wellness-Luxus... geschaffen von Mutter Natur.
Nach und nach füllten sich die Becken mit anderen Menschen und gegen Mittag beschlossen wir, zurück zum Campingplatz zu gehen. Wir waren froh, uns nach dem schwefligen Wasser heiß abduschen zu können. Auch wenn der Geruch uns gefühlt noch wochenlang begleitete.
Am Abend wollten wir uns gerade einen Glühwein machen, da kam unser Wohnmobil-Nachbar und fragte uns auf gebrochenem Englisch, ob wir trinken würden. Tani beantwortete dies mit einem grinsenden "of course" und zack...wurden wir eingeladen. Max und Daniela waren uns schon vorher laut giggelnd und feixend aufgefallen und sie waren offensichtlich auch schon etwas angeheitert. Mit ihren 51 und 60 Jahren waren sie unglaublich jugendlich geblieben. Sie machten Witze, sprangen durch die Gegend und freuten sich ihres Lebens. Sie legten eine ungeheure Energie an den Tag. Wir standen zu viert an einem Grillplatz, an dem sie sich Essen zubereiteten. Uns wurden zwei Becher in die Hand gedrückt und Bier eingeschenkt. Auch wenn Max nur ein wenig und Daniela gar kein Englisch sprach, konnten wir uns mit Händen und Füßen gut mit den beiden verständigen. Wenn man seinen Becher nur mal für eine Sekunde abgesetzt hatte oder sich der Inhalt langsam zum Ende neigte, ZACK wurde er wieder mit Bier aufgefüllt. Zwischendurch machten wir, wie Max es bezeichnete, "Breaks". Dann gab es eine Runde Schnaps oder Likör für alle. Nach ein paar Stunden bemerkten wir, dass wir von den beiden nach allen Regeln der Gastgeberkunst abgefüllt wurden und nun feixten, giggelten und sprangen wir gemeinsam mit ihnen durch die Gegend.
Es war ein wirklich schöner und lustiger Abend. Während Sarah über und über beschenkt wurde und einige Schals, eine Decke und sogar einen 5 Liter Glasballon feinsten Italienischen Olivenöls bekam (jaaaaa, FÜNF LITER Öl...), schenkte Max Tani den einen oder anderen blauen Fleck, während er ihm in angeheiterter guter Absicht, den einen oder anderen Selbstverteidigungstrick zeigen wollte.
Nicht zum ersten Mal, lernten wir zwei wirklich herzliche, nette Menschen kennen, die vor allem in Sarah total vernarrt waren. "Bellissimo" riefen sie andauernd und freuten sich über ihr verschämtes Lächeln. Es war ein herrlicher Abend und es wurde jede menge Bier vernichtet. Die Kälte machte uns nichts mehr aus, wir gingen glücklich und zufrieden und ein wenig angetüdelt ins Bett. Naja ...vielleicht doch ein bisschen mehr als ein wenig...
6:30 Uhr klingelte erbarmungslos unser Wecker. Es war der 24.12. ... Weihnachten. Wir wollten auch an diesem Morgen die heißen Quellen besuchen und noch ein paar Fotos für die Familien schießen, doch der vorangegangene Abend machte das Aufstehen schwer. Tani sprang guten Mutes auf, doch da das Bett nicht aufhören wollte sich zu drehen, musste er sich noch einmal hinlegen. Nach einigen Versuchen schafften wir es aber und machten uns auf zum Badeplatz. Die kalte Morgenluft und der kleine Spaziergang bis zum heißen Wasser taten uns unendlich gut.
Wir stiegen ins Wasser und machten weihnachtliche Bilder. Eigens für diesen Moment hatte Sarah uns große weiße Wattebärte gebastelt. Als wir diese in Kombination mit unseren Weihnachtsmannmützen trugen, uns gegenseitig anschauten und zur Kenntnis nahmen, wie bekloppt wir aussahen, waren wir sehr froh, allein an diesem mystischen Ort zu sein. Noch ein letztes Mal genossen wir stundenlang das atemberaubende Spektakel, bevor wir zurück zu unserem Campingplatz gingen, um uns abermals heiß abzuduschen und wieder aufzubrechen, um weiter zu fahren.
Wir hatten uns eine schöne Stelle am Meer ausgesucht, wo wir ganz für uns alleine Weihnachten feiern wollten. Tani legte erzgebirgische Weihnachtsmusik auf, ein Räucherkerzchen wurde angezündet und nach einem schönen ausgiebigen Vesper mit Blick auf das Meer, gab es Bescherung.
Endlich war es soweit. Tani war voller Vorfreude, denn endlich ging es an das Auspacken vom Paket von seiner Familie. Wir können mit Worten kaum wiedergeben, was in uns vorging, als wir die vielen kleinen Päckchen sahen, die darin enthalten waren und diese öffneten. Es war für uns, als wenn die Familie mit einem Teil bei uns war und dort mit uns feiern würde. Wir hatten lange vorher ein bisschen Bedenken, dieses familiäre Fest tausende Kilometer von der Heimat entfernt zu verbringen. Doch alle hatten an uns gedacht und wir waren sehr gerührt.
So ein intensives Weihnachtsgefühl, welches wir in uns hatten, kannten wir seit Jahren nicht mehr, da sonst immer einer Arbeiten musste und alles mit Stress verbunden war. Mit einem unendlichen Glücksgefühl und jeder Menge Glühwein im Bauch, sang Tani aus vollstem Hals "Last Christmas" und so bereiteten wir unser Bett. In die warmen Schlafsäcke gekuschelt, las Tani noch die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens vor und mit den Gedanken bei unseren Familien, endete ein wunderschöner Tag.
Am ersten Weihnachtsfeiertag wollte Tani Sarah´s Antlitz in Stein gemeißelt sehen... doch leider hatte der Park der Ungeheuer geschlossen und so verlegten wir unser Vorhaben auf den darauffolgenden Tag und schlossen den Abend mit einem unglaublichen Weihnachtsessen ab. Tani´s Mutter hatte uns eingekochtes "Mama-Essen" mitgeschickt und so schlemmten wir Kartoffelknödel mit Wildschwein- Rindergulasch in Weihnachtssoße mit Mango-Rotkraut, ein himmlischer Schmaus. Danke Danke Danke!
Gleich früh am Morgen standen wir auf und spazierten in den Park der Ungeheuer, den Sacro Bosco. Dieser ist auch bekannt als der heilige Wald und existiert schon seit 1585. Der Park enthält viele rätselhaft und sehr exotisch wirkende Skulpturen, die einem zusammen mit dem reichen Pflanzenwachstum eher das Gefühl geben, in einem versunkenen Tempel in Bali zu stehen, als in der Mitte Italiens.
Wir flanierten eine ganze Weile durch den dicht bewachsenen Dschungel, der uns umgab und waren fasziniert von den Geschöpfen, die hier in Stein gebannt waren. Nixen, Elefanten, Unterweltgeschöpfe und Drachen kreuzten unsere Wege und wir fühlten uns in eine ganz andere, fantastische Welt versetzt.
Tani schoss noch ein paar Fotos und beeilte sich dann, um Sarah wieder einzuholen. Er bemerkte, dass diese mit der Statue eines kleinen Teufels brabbelte... als sie seine Schritte hörte drehte sie sich abrupt um... "Oh tut mir leid, da hab ich euch wohl verwechselt". Es dauerte ein paar Minuten, bis sie ihren Lachanfall gebändigt bekam, während Tani beleidigt in seinen Bart nuschelte und schmollend davon stolzierte.
Nach diesem herrlichen Spaziergang war der Tag noch jung und wir beschlossen die Zeit zu nutzen und gleich nach "Civita" weiterzufahren. Dieses kleine Städtchen ist auf einem Berg erbaut, den man schon von Weitem sieht. Nur über eine Passanten-Brücke gelangt man ins Innere der Festung.
Nachdem wir alle keuchenden Besucher hinter uns ließen und mit erhobener Faust, unser imaginäres Schwert gen Himmel reckend das Tor eroberten, fühlten wir uns direkt um Jahrhunderte zurückversetzt. Tani gab ein nicht direkt einzuordnendes Geräusch von sich. Es war eine Mischung aus Schafblöken, einem sterbenden Schwan und dem Brunftschrei eines Plattschwanzgecko´s. Dabei hielt er sich eine Faust vor den Mund als würde er etwas vor seine Lippen halten. Nicht nur Sarah sah ihn verstört an und fragte was das denn solle. "Na aber das ist doch das Signalhorn eines erfolgreichen Eroberers, damit der Pöbel weiß, dass er gerettet ist." meinte er dazu nur mit großen Augen. Kopfschüttelnd zog Sarah ihn am Arm in die Festung und weg von den verblüfften Blicken der uns einholenden Touristen.
Der mittelalterliche Charme dieser Stadt wurde auf grandiose Art und Weise erhalten. So wurden z.B. Gewürze, Obst, Gemüse und Brote auf der Straße verkauft. Und das alles in offenen kleinen Ständen auf Tischen und in Körben, detailgetreu hergerichtet. Wir besichtigten winzige Innenhöfe und wunderschöne Gärten... die Aussicht, die wir dabei genießen konnten, erstreckte sich über eine traumhafte Weite.
Es leben auch tatsächlich noch Menschen in dieser burgähnlichen Stadt, doch wir vermuten, dass jeder der dort lebt, ein Teil der Tourismusbranche ist. Entweder durch Verkauf, Show oder was wir auch erlebten, durch das Öffnen Ihres privaten Gartens. Dieser war mit hunderten von kleinen künstlerischen Details versehen und hatte dadurch seinen ganz eigenen Reiz. Staunend wühlten wir uns durch die Menschenmassen, die die kleinen Gassen verstopften. An jeder Ecke roch es anders, mal nach frischen Obst, mal nach herrlichen Blumen, dann wieder nach Braten und sogar den zarten Duft von Weihnachten hatten wir in der Nase. Um uns herum wurden überall Buden und Zelte errichtet und wir vermuteten, dass es hier wohl bald ein Mittelalterspektakel zu sehen gab, doch leider nicht für uns. Denn uns zog es weiter.
"Wenn wir damals gelebt hätten", eröffnete Tani "dann wäre ich als Mann der Chef in unserer Beziehung gewesen."
"Wenn wir damals gelebt hätten," erwiderte Sarah grinsend, "wäre das ziemlich schade für uns gewesen, denn Narren durften keinen Umgang mit Prinzessinnen haben."
Vom Mittelalter träumend, verließen wir die Stadt und schlenderten zurück zu unserem Björni. (Und auch heute ist Tani trotz seiner Männlichkeit, nicht der Chef in unserer Beziehung… aber er ist ein geduldetes Mitglied.)
Wir wollten noch vor dem Jahreswechsel Rom besuchen und dafür brauchten wir einen guten Schlachtplan. Das Problem war, dass wir nicht zu weit ins Innere der Hauptstadt fahren wollten, da es auch hier wieder Umweltzonen gibt, die wir mit unserem Björni leider nicht passieren durften und zudem wollten wir das innerstädtische Verkehrschaos vermeiden. Allerdings sah es mit überwachten Stellen bzw. Campingplätzen um die Metropole herum schlecht aus. Einige waren geschlossen, andere mit 60€ pro Nacht einfach zu teuer und bei wieder anderen war die Verbindung ins Zentrum schwierig. Von einem gewöhnlichen Parkplatz wurde uns von vielen Seiten, wegen der hohen Kriminalitätsrate, abgeraten. Wir umkreisten die Stadt ca. drei Tage, bis wir nach dem 7. Anlauf und dem Anflug von "Wir geben auf, wir schauen uns die Stadt nicht an." endlich einen kleinen süßen Campingplatz fanden, der mit 18€ für 24 Stunden im Vergleich zu anderen geradezu billig war.
Früh am nächsten Morgen fuhr uns der Besitzer des Platzes mit seinem Auto zum nahegelegenen Bahnhof, von dem wir unkompliziert und vor allem sehr günstig mit dem Zug ins Herz von Rom fahren konnten.
Weil sich die Hop-on-Hop-off-Touren bisher immer sehr bezahlt gemacht haben, hatten wir auch für diesen Tag wieder zwei Tickets gebucht und bestiegen auch gleich den ersten Doppelstock-Bus.
Wir tourten durch die Stadt und stiegen hier und da aus. Langsam ging die Sonne auf und es wurde immer wärmer und so konnten wir den ganzen Charme dieser wunderschönen Metropole in vollsten Zügen genießen. Wir sahen uns Circus Maximus an und fuhren vorbei am Tempel der Venus und machten Halt am Kolosseum. Dort verzichteten wir allerdings darauf, uns in die Massen der Menschen einzureihen, sonst hätten wir sicherlich 3 Stunden angestanden, um ins Innere zu gelangen.
Tani versuchte eine seiner Meinung nach philosophischen Diskussion anzufangen, indem er die Frage in den Raum warf, ob man es auch dann noch STREITwagen hätte nennen können, wenn die Teilnehmer der Pferderennen sich gemocht hätten. Sarah schlug sich nicht zum ersten Mal bei diesem flachen Humor mit der Hand an die Stirn. Schnell versuchte er die peinliche Stille zu überspielen, "Das ist bei uns anders, weil du mir immer hinterher läufst, haben wir einen VOLKSwagen!"
KLATSCH... Sarahs flache Hand schlug auf ihre schon rot werdende Stirn.
Wir stiegen in der Nähe vom Vatikan aus. Dort spazierten wir zu dem riesigen Petersplatz, von dem wir eine gute Sicht auf die berühmte Basilika hatten. Doch auch hier wollten wir nicht unsere wenige Zeit damit vergeuden, uns stundenlang in endlos wirkende Touristenschlangen einzureihen. Tani versuchte es erneut... "Weißt du eigentlich wie man den italienischen Vater von Oliver Kahn nennt?? ...VATI KAN!!"
...
KLATSCH...
Es war wieder einmal ein wunderschöner, erlebnisreicher Tag, an dessen Ende uns die Köpfe schwirrten, von dem vielen Gesehenen und Erlebten. Na ja und den vielen Schlägen mit der flachen Hand auf die Stirn... auf Seiten von Sarah. Wir stiegen in den Zug und Alex, der Campingplatzbesitzer, holte uns am Bahnhof ab, um uns zurück zu unserem Björni zu fahren. Wir verbrachten noch eine weitere, sehr kalte Nacht auf dem Campingplatz.
Generell wurde es von Tag zu Tag kühler und es kam mehr als einmal vor, dass wir am Morgen unsere Scheiben von innen frei kratzen mussten. Wir hatten niemals damit gerechnet, dass es im Süden so kalt werden würde. Jeden Abend packten wir uns warm ein, bevor es in die Schlafsäcke ging. Unsere "Uniform" bestand meistens aus mehreren Paaren Socken, Thermohosen, Jogginghosen, Thermohemden, Langarmshirts, Pullovern, Schals und Tüchern, Mützen und Decken. Dann wurde der Schlafsack bis obenhin zu geschnürt, sodass nur noch die Nase heraus schaute, die dann nachts fast abfror. Wenn der Bus dann wackelte und wippte und man vom Bettnachbarn wildes Schnaufen hörte, dann wusste man, dass er gerade versuchte, sich dick eingepackt wie ein Michelinmännchen, auf eine andere Seite zu drehen. Das war durch die vielen dicken Laken sehr erschwert und kostete Einiges an Kraft. Wir hatten wirklich einige sehr unangenehme Nächte, trotz Wärmflaschen und beheizbarer Fußmatte, die wir von Tani´s Eltern geschenkt bekommen hatten. Doch wie immer sahen wir das Positive an der ganzen Sache: unser Bier war immer gekühlt, wir hatten von den von innen gefrorenen Scheiben immer kostenloses Eis für unsere Cocktails und wenn wir unsere Suppe abends mal wieder viel zu heiß gekocht hatten, kühlte sie schnell aus, damit man endlich essen konnte.
Wir fuhren weiter in Richtung Süden und fanden eine Traumstelle, an der wir Silvester verbringen wollten. Etwas erhöht gelegen, blickten wir auf einen See und drei kleine Dörfer, die sich darum befanden. Grün bewachsene Berge perfektionierten das unglaubliche Ambiente und wir freuten uns sehr auf ein schönes, inniges Silvesterfest.
Den 31. Dezember verbrachten wir damit, unsere alten Blogeinträge zu lesen, Fotos und Videos anzuschauen und das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Was haben wir nicht alles erlebt in den letzten 12 Monaten… Wir kauften uns einen Bus und bauten ihn zu einem Zuhause aus. Wir gaben unsere Wohnung auf und kündigten die Jobs. Wir verabschiedeten uns von Familien und Freunden und fuhren los in unser großes Abenteuer. Das wohl Verrückteste im letzten Jahr: Tani entwickelte Schutz- und Wärme-Mechanismen an typischen Stellen der entwicklungsphysiologischen Ausbildung vom Mentum oder anders: er bekam (endlich) Bart am Kinn.
Es war schön, unsere Erlebnisse noch einmal zu durchleben. Noch einmal die herrlichen Fjorde von Norwegen zu umfahren und in Schottland wandern zu gehen. Wir standen wieder an den gigantischen Klippen in Irland und genossen noch einmal die Traumstellen in Spanien. Die Zeit mit Freunden, die uns besuchten und die Menschen, die wir kennenlernten, gingen uns durch den Kopf. Wir standen erneut am Globus am Nordkap, angelten in Schweden und schnorchelten auf Mallorca. Und dann bemerkten wir mit einem großen Schreck, dass wir in unserem Blog vergessen hatten, euch über unsere schönste Wanderung zu berichten! Für Sarah war diese ein Inbegriff von Freiheit. Es war die längste, nervenaufreibenste und trotzdem die schönste Tour, die wir bisher machten. Die Strecke belief sich auf 28 Kilometer, die wir über Berge und durch Täler zurück gelegt hatten. Es ging über Gerölllandschaften und über Bergkämme, entlang eines Stausees. Ziel war, die Trolltunga zu erreichen, um von der Spitze aus, 700 Meter im freien Fall nach unten schauen zu können.
Die Zeit verstrich und der Jahreswechsel kam immer näher. Die Dörfer waren herrlich beleuchtet und wir waren gespannt, ob es ein Feuerwerk geben würde. Bis null Uhr war rundherum noch nichts von Raketen oder Böllern zu hören.
Noch 5 Minuten. Tani baute langsam sein Stativ auf. Vielleicht konnte er ja den einen oder anderen Schnappschuss machen, falls es ein Feuerwerk geben sollte.
Noch 2 Minuten. Sarah kam mit zwei vollen Tassen mit heißem Glühwein aus dem Bus und stellte sich zu Tani.
Noch 1 Minute. Wir wurden still und jeder hing seinen Gedanken nach. Das vergangene Jahr hatte uns beiden so unendlich viel gegeben, hatte uns enger zusammengeschweißt und uns so viel Glück und Freude bereitet.
Noch 30 Sekunden. Ein bisschen aufgeregt waren wir schon. Es war immer noch totenstill um uns herum.
Noch 10 Sekunden. Wir bemerkten den atemberaubenden Sternenhimmel über uns, der uns ins neue Jahr einläutete.
noch 5 Sekunden...
3...
2...
1...
KNALL
In allen drei Dörfern gingen kleine Feuerwerke los. Es war nicht der übertriebene Silvester-Prunk, den wir aus Deutschland kannten, wo Millionen in die Luft gefeuert werden, sondern kleine sehr familiär wirkende Feuerwerke, die vielleicht 15 Minuten lang Lichtexplosionen in die Luft schossen. Wir standen Arm in Arm neben unserem Björni und genossen das Schauspiel während wir mit Glühwein anstießen, uns tief in die Augen sahen und uns ein frohes neues Jahr wünschten.
Ohne Worte konnten wir uns gegenseitig für die wundervolle Zeit danken, die wir uns in den letzten 12 Monaten gegenseitig geschenkt hatten. Für das Vertrauen und die Nähe die wir zwischen uns aufgebaut haben. Wir blicken dem neuen Jahr frohen Mutes entgegen, denn auch 2019 wird ebenso spannend wie 2018. Einige Vorhaben stehen auf der Liste und wir sind dabei sehr viel zu planen. Es wird aufregend, interessant und großartig. Im Mai kommen wir zurück nach Hause. Wir werden unsere Freunde und Familien wiedersehen, werden für eine Zeit lang wieder arbeiten gehen, doch am Ende des neuen Jahres, werden wir in ein ganz neues Abenteuer starten, doch davon ein anderes Mal.
Wir gingen zurück in den Bus und machten uns langsam bereit, um ins Bett zu gehen… Dann halb eins nachts klingelte Tani’s Telefon. Unsere Freunde Louis und Eileen, das Pärchen, welches wir in Wales kennengelernt haben, riefen uns via Videotelefonie an. Sie waren gerade auf einer Party mit vielen Freunden, denen wir einem nach dem anderen vorgestellt wurden. Es war ein wunderschöner Start in das neue Jahr und unglaublich schön, die beiden wiederzusehen. Wir schwatzten etwa eine Stunde mit den beiden und all ihren Gästen und es war, als wenn wir mit ihnen auf der Feier wären. Wir wünschten uns allen alles Gute für das neue Jahr und freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen im Mai.
So endete unser Jahr 2018, das bisher spannendste und erlebnisreichste Jahr unseres Lebens. Die tausend Gefühle, die uns an diesem letzten Tag des Jahres durchströmten, können wir gar nicht wiedergeben. Wir sind gespannt, was in den nächsten 12 Monaten alles auf uns zukommt und freuen uns auf neue Abenteuer, neue Menschen die wir kennenlernen und Länder die wir sehen. Wir wünschen euch allen zu Hause nur das Beste für das Jahr und wenn es einen Tipp gibt, den wir euch mitgeben wollen, dann ist es der:
Verfolgt eure Träume und Lebt… Dieses eine Leben, was ihr habt, kann euch so unendlich viel bieten, wenn ihr es wollt! Das können wir aus eigener Erfahrung sagen.
Euer Team Tuckerbus
Tani, Sarah und Björn der Bus
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Gabi & Klaus (Freitag, 11 Januar 2019 12:01)
Einfach herzergreifend schön, wie ihr euer schönstes Jahr in Gedanken Revue laufen lasst.
Wir waren stets bei Euch und haben mit Bild und Ton diese wundervolle Reise mit euch genossen und dem Vater wieder ein paar Freudentränen entlockt. Vielleicht waren es auch Tani's flache Witze�.
Weiterhin tolle Erlebnisse bis zum nächsten blog