Über schlechtes Wetter und ein schönes Land

Nach unserem ersten großem Ziel, dem Nordkap, empfing uns Norwegen mit schlechtem Wetter. Wir hatten anderthalb Wochen Regen und Kälte und bekamen unsere klammen Sachen nicht mehr vollständig  getrocknet. Die erste Belastungsprobe für unsere Nerven. Es war anstrengend tagelang nichts weiter machen zu können, als im Auto zu sitzen. 

Dinge wie die Körperpflege früh am Morgen wurden fast unerträglich im eiskalten Regen und Wind bei 6°C. Und so kam es, dass wir das erste Mal eher gedämpfte Laune hatten. Wenn sich die Sonne dann doch einmal für 5 Minuten blicken ließ, stürmten wir nach draußen und genossen die herrliche Energie und Wärme. 

Unser erster Weg in Richtung Süden führte uns zu den Lofoten. Von Vielen empfohlen als das Naturerlebnis und durch sehr viele Berichte und Fotos beeindruckt, freuten wir uns sehr auf die Inselgruppe. Jedoch hatten wir Bedenken, sie nicht bei gutem Wetter genießen zu können.

Ähnlich wie am Nordkap behielten wir unsere Wetter-App im Blick und passten einen einzelnen Tag ab, an dem wenigstens teilweise die Sonne scheinen sollte. Wir wollten die letzte Spitze der Lofoten, ein Dorf namens Å, ansehen. Dieser kleine Ort mit rund 100 Einwohnern, gibt Touristen einen Einblick in die traditionelle Fischerrei und Stockfischherstellung.

 

Unser Plan funktionierte und wir genossen eine unbeschreibliche Landschaft bei schönstem Sonnenschein. Unsere gedämpfte Stimmung der letzten Tage hob sich und wir saugten alle Eindrücke in uns auf. 

Die Lofoten sind Teil einer Inselgruppe, bestehend aus 80 Inseln und einer Gesamtfläche von 1227km². Etwa 24.000 Menschen bewohnen diese atemberaubende Region und leben hauptsächlich vom Tourismus und der Fischerei. Eine regionale Spezialität ist der oben genannte Stockfisch, der meist aus Kabeljau hergestellt wird. Überall fährt man an großen Holzgestellen vorbei, die zum Aufhängen des Fisches genutzt werden. Dort wird er mehrere Wochen getrocknet. Dabei wird ihm das Wasser entzogen, alle Nährstoffe bleiben enthalten.

Die Lofoten sind nun mal kein Geheimtipp und so waren die Straßen voll von Reisebussen und Wohnmobilen, die alle das gleiche Ziel hatten wie wir. Enge Straßen, Berg- und Talfahrten und unüberschaubare Kurven machten die Fahrt sehr anstrengend. Und doch war das Panorama wirklich beeindruckend.

Wieder einmal hatten wir großes Glück mit dem Wetter, denn die Sonne schien alles nachzuholen, was sie die letze Woche vernachlässigt hatte und brachte uns endlich wieder den Sommer. Leider wussten wir, dass uns nur dieser eine Tag Wärme blieb und es danach wieder regnen sollte. 

Die Suche nach Übernachtungsplätzen gestaltete sich einfach, da sich alle paar Kilometer schön gelgene Stellen boten. Diese konnte man kostenlos nutzen und so mussten wir bisher noch nicht auf einen Campingplatz zurückgreifen. 

 

Da das Wetter wieder schlechter wurde, blieben wir jeweils nur eine Nacht. Und so fuhren wir jeden Tag mehrere Stunden, um zügig in den Süden Norwegens zu gelangen und dann endlich wieder den Sommer genießen zu können. Außerdem liegen alle nächsten Orte, die wir bereisen möchten, südlicher. 

Die Tagesabläufe waren eher monoton. Aufstehen, Waschen, Essen, Sachen packen und dann fahren fahren fahren. Wir hatten von Kälte und Nässe die Nase gestrichen voll.

Nachdem wir den Polarkreis überquerten, erreichten wir Trondheim etwa eine Woche nach den Lofoten. Eine wunderschöne Stadt. Wir bummelten durch die Gassen und genossen es, mal wieder unter Menschen zu sein. 

 

Tani konnte das WM-Spiel Deutschland gegen Südkorea sehen (Mann mann mann...)  und ganz entspannt für 20 € zwei Bier trinken. Sarah nutzte die Zeit, um noch ein bisschen durch die Straßen zu Bummeln und die endlich wieder scheinende Sonne zu genießen. 

In einem Internetcafe planten wir unsere nächste Zeit. Und so fuhren wir am darauf folgenden Tag in den Dovrefjell- Sunndalsfjella Nationalpark. Unsere Straße durchquerte den Park direkt und teilt ihn in einen West- und einen kleineren Ostteil. 

 

Bekannt ist dieses Gebiet für die fast ausgestorbenen Moschusochsen, die hier in drei Versuchen von Grönland wieder angesiedelt wurden. Schilder warnten an Wanderwegen vor diesen Urzeittieren, doch leider sahen wir nicht eins. Wir fanden eine traumhafte  Stelle, mit einem Ausblick über das ganze Gebiet, an der wir eine Nacht stehen konnten.

Ein kleiner Wanderpfad führt direkt auf den Gipfel eines nahegelegenen Berges. Dort steht eine kleine Hütte mit einem Kamin und einer Panorama-Glasfront. Wir setzten uns sprachlos und genossen den atemberaubenden Blick, der einem hier geboten wurde. 

 

Wir haben leider nicht heraus finden können, wer das Feuer am Leben erhält, dort hoch oben auf dem Berg... wir vermuten, dass es ein kleiner Troll war. 

Der Abstieg war auf Grund von starkem Wind, mit Böen von bis zu 50km/h, sehr unangenehm und trotzdessen, dass die Sonne schien, herrschten Temperaturren bis zu gefühlten 2°C. Wir waren froh, als wir uns mit einem heißen Tee in unseren Björni kuschelten, aus dessen Fenstern wir trotzdem den Ausblick bewundern konnten. 

 

 

Nach einer unruhigen Nacht, in der das Auto zeitweise wie wild wackelte (... durch den Wind... ) fuhren wir wieder los. Nach einigen Stunden Fahrt besserte sich das Wetter. Wir fanden eine wunderschöne Stelle an einem reißenden Fluss mit kleinen vereinzelten Wasserfällen. 

Der Sommer war zurück, auch wenn es nachts immernoch sehr frisch wurde. Endlich hatten wir einen Tag zum Auspannen. Wir nutzten das Wasser, um mal wieder Wäsche zu waschen, denn dies war während der Regentage nicht möglich.

Das nächste Ziel waren die "Sieben Schwestern", sieben direkt nebeneinander liegende Wasserfälle, die in einen Fjord stürzen. Unser Weg führte durch das traumhafte Panorama des Geirangerfjords. 

 

Beginnend bei 1000 Metern über dem Meeresspiegel, führte eine serpentinenreiche Straße ca. 20km ins Tal. Bei einem Gefälle von ca. 10% bekamen wir Probleme mit zu heiß gelaufenen Bremsen. Weil unser Björn schon bis dort hin sehr zu kämpfen hatte, entschieden wir uns gegen die Fahrt auf einer weiteren steilen Bergstraße. An dessen Ende gibt es eine Aussichtsplattform. Die "Sieben Schwestern" sind ausschließlich von diesem Punkt oder während einer Fähr- bzw. Kreuzfahrt zu sehen. Da sich unser rollendes Zuhause bisher nicht als Kreuzfahrtschiff eignete und wir keinen Wanderweg fanden, mussten wir leider umkehren. Nach großer Anstrengung (auf Seiten des Auto's), einigen Zwischenstopps und knappen Wettrennen mit Fahrradfahrern erreichten wir durchgeschwitzt den höchsten Punkt und rollten zurück auf unsere weiterführende Route.

 

Nun sind wir auch schon wieder zwei Wochen in Norwegen unterwegs. Die vielfältige Landschaft beeindruckt uns noch mehr als in Schweden. Das Land ist rauer, wilder und von hohen Gebirgszügen durchzogen, die zum Wandern einladen. Endlos wirkende Fjorde schlängeln sich bis weit ins Landesinnere. Dadurch passiert es häufiger, dass man ein oder mehrere Fährfahrten einplanen muss, um seine Wegstrecke fortsetzen zu können und keine langen Umwege zu fahren. Die Preise sind mit umgerechnet 14-20€ unserer Meinung nach gerechtfertigt.

Am Nordkap waren die weitläufigen Hochebenen noch karg bewachsen. Die Vegetation bestand vorrangig aus Gras, Moos, Flechtenwuchs und vereinzelten Sträuchern . Jetzt, weiter südlich, bedecken dichte grüne Wälder die Hänge und Felsklippen. Wir passieren hohe schneebedeckte Berge, an dessen Füßen sich tiefblaue Seen und vor allem Fjorde erstrecken. 

 

Hier ist das Angeln auch ohne Angelschein erlaubt. Das Wasser ist eiskalt und im wahrsten Sinne des Wortes "atemberaubend" erfrischend. Ab und zu durchqueren wir Täler, in denen sich rechts und links von uns riesige Bergmassive erheben, die von Wasserfällen durchzogen sind. Einige nur zarte Rinnsale, andere tosende Wassermassen, die sich rauschend in Flüsse ergießen. Im Schatten der hohen Gipfel fühlen wir uns manchmal ganz klein. Bis auf die weißen Sandstrände auf den Lofoten, fanden wir auf unserer bisherigen Tour vorrangig Fels- und Steinstrände. Doch auch dort war Baden oftmals kein Problem und sehr schön. 

Entgegen vieler Vorstellungen, ist ein Leben im Bus nicht zu vergleichen mit einem mehrwöchigem Urlaub. Man muss seine Zeit anders organisieren. Wann müssen wir wieder einkaufen? Wie lange hält unser Trinkwasser noch? Haben wir noch genügend saubere Wäsche? Wo ist der Diesel am billigsten und müssen wir schon wieder Tanken? All diese Fragen, die wir uns fast täglich stellen, beeinflussen unsere Tagespläne. So ist ein Tag "frei", an dem wir nicht fahren, nichts einkaufen oder auffüllen müssen und uns Ruhe und Entspannung gönnen, zur Zeit eher selten. 

Wir merken, wie anstrengend und kräftezehrend die letzten zwei Wochen waren und wie gut es tut, die Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren. Endlich mal wieder den Tisch draußen aufbauen und sogar mal wieder kurze Hosen tragen... endlich mal wieder in der Natur sitzen und sie genießen, ohne ein großes Stück Fahrtstrecke hinter uns zu bringen.

 

Aufgrund der Arbeit im Drei-Schichtsystem und dem Stress der letzten Zeit, den die Reiseplanung, den Busausbau und den Umzug beinhalteten, war unsere gemeinsame Zeit sehr begrenzt. Dazu erleben wir jetzt den extremen Unterschied. Ein Leben im Bus bedeutet 24 Stunden, sieben Tage die Woche, in der wir Zeit miteinander verbringen. Gerade jetzt am Anfang der Reise, wo man selten alleine etwas unternimmt. Wir hatten große Bedenken, dass nach 3-4 Wochen die ersten Streits aufflammen; dass uns der Kontakt zur Familie und zu Freunden sehr fehlen wird und uns bewusst wird, dass wir "nur" uns haben; dass wir eine Phase durchleben werden, in der jeder seinen Abstand und Freiraum benötigt. Doch es ist das genaue Gegenteil. 

Viele Abläufe sind mittlerweile sehr eingespielt und wir funktionieren als Team besser denn je.

 

Tani holt Wasser und Sarah deckt den Tisch. Tani macht Feuer und Sarah wäscht Wäsche. Tani baut das Solar auf und Sarah räumt die Waschtaschen heraus. Gemeinsam machen wir Essen,  bauen unser Bett und räumen die Schlafsäcke heraus. 

Wir hören stundenlang Hörbücher und unterhalten uns anschließend über das Geschehene in den Geschichten. Wir genießen es, so viel Zeit für uns zu haben und verlassen uns aufeinander. Alleine wären wir niemals an diesen Punkt gekommen und wir wissen beide wie viel Kraft wir uns gegenseitig geben. Gerade jetzt, da uns langsam bewusst wird, wie lange wir unsere Freunde und Familie nicht mehr gesehen haben und nicht sehen werden.

Und dann wird uns wieder einmal klar, wie schön es ist, dass wir das vielleicht größte Abenteuer unseres Lebens gemeinsam erleben können.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Laura (Dienstag, 03 Juli 2018 17:30)

    ...und ihr seht sooooo gut aus, ihr verflixt schönen Tuckerbusmenschen! "knappe Wettrennen mit Fahrradfahrern" :D

  • #2

    Christian und Beatrice (Dienstag, 03 Juli 2018 18:07)

    Super gute Berichterstattung und die Landschaften sind echt super schön =) ! Ich hoffe für euch ihr bekommt mehr besseres wetter und mehr zeit zum chillen ! Liebe Grüße aus Seattle ;) !

  • #3

    Penny (Donnerstag, 12 Juli 2018 11:57)

    So schön geschrieben ♡
    Toll das ihr euch so als Team finden konntet.
    Hier mitzulesen stillt ein wenig das Fernweh.

  • #4

    Olaf K. (Freitag, 20 Juli 2018 00:18)

    Ich verfolge jeden eurer Einträge und bewundere euch immer wieder für den Mut zur Auszeit und den Weg den ihr gemeinsam geht. Natürlich kann man nur erahnen was ihr tagtäglich erlebt und wie ihr lebt. Aber es ist immer wieder schön zu lesen. Wie ein Buch (was ihr im Anschluss unbedingt schreiben solltet) wo man fast sehnsüchtig auf das nächste Kapitel wartet. Ich wünsche Euch noch ganz viele schöne Erlebnisse und bleibt gesund.