Als wir an der finnischen Grenze ankamen und unser vorerst letztes Lager in Schweden aufschlugen, überlegten wir, wie es weiter geht. Bis zum Nordkap waren es noch 7 ½ Stunden Autofahrt. Laut Wettervorhersage sollte dort am nächsten Tag die Sonne scheinen, die darauf folgenden Tage war Regen, Kälte und Bewölkung angesagt. So beschlossen wir, das Wetter zu nutzen und die restliche Strecke durchzufahren. Durch Finnland führte ein kurzes Stück des Weges und schon hatten wir Norwegen erreicht. Die Landschaft fing an sich zu verändern. Dort wo vorher Flachland und Wälder regierten, sahen wir jetzt grün-bewachsene Berge. Den Aussagen einiger Leute, wie trist die Landschaft wäre, können wir nicht zustimmen.
Wir genossen es, bei schönstem Wetter an Gerölllandschaften, ewig weiten Wiesen-bewachsenen Hochebenen und glasklaren Bergseen vorbeizufahren. Wir passierten Schneefelder und kreuzten den Weg von Rentierherden. Das erste große Ziel unserer Reise ist erreicht: der nördlichste Punkt Europas, den wir mit dem Auto erreichen können. In Sichtweite des Nordkaps, liegt eine Klippe die noch weiter in den Norden ragt, aber für uns nicht erreichbar war.
Wir zahlten 550 Norwegische Kronen Eintritt und konnten mit unserem Bus 24 Stunden den dazugehörigen Parkplatz nutzen. Und dann war es endlich so weit. Die Entscheidung, die lange Fahrt auf uns zu nehmen, war absolut richtig. Vor uns lag der bekannte Globus auf einer imponierenden Klippenlandschaft im Sonnenschein. Wir hatten eine klare Sicht auf den Barentssee und damit den Arktischen Ozean. Es war uns, als wäre dies das Ende der Welt. Außer Meer gab es nichts mehr zu sehen. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es nur 2093km bis zum Nordpol sind, waren wir sehr überwältigt.
Die Touristenmassen konnten wir gut ausblenden. Wir schauten uns das Nordkap-Museum an, dass ein Panoramakino, eine Licht- und Tonshow über die Jahreszeiten am Nordkap und einen Zeittunnel mit geschichtlichen Ereignissen enthielt. Null Uhr sahen wir unsere erste Mitternachtssonne - Wahnsinn! Mitternacht und die Sonne steht über dem Horizont, das erlebt man nicht alle Tage.
Pure Glückseligkeit machte sich in uns breit. Wir hatten es tatsächlich geschafft. Zur Feier des Tages gönnten wir uns ein zehn Euro Bier.
Als wir in unserer Heimat losfuhren war unklar, ob uns das Wetter ermöglichte, unser großes Ziel zu erreichen und uns damit einen Traum zu erfüllen. Wir hatten Glück. Wiedereinmal sahen wir uns an und sagten uns ohne Worte "wir haben alles richtig gemacht."
Jetzt sind wir schon ein Stück Richtung Süden gefahren. Das Wetter ist zwar schlechter geworden, was der wunderschönen Berglandschaft Nordnorwegens aber nicht den Reiz nimmt. Mit unserem kleinen Björni durchqueren wir Schluchten, an dessen Seiten sich Kilometer hohe Berge erheben. Reisende Wasserfälle fallen herab und münden in tiefblaue Fjörde.
Norwegen beeindruckt uns schon in den ersten Kilometern, die wir das Land bereist haben. Der Norden hier ist im Gegensatz zu Schwedens dichter besiedelt. Parkstellen an denen wir die Nacht verbringen können, gibt es alle paar Kilometer. Einkaufen gehen und Trinkwasser auffüllen an Bergbächen ist problemlos möglich.
Und dann... ganz plötzlich wird uns bewusst... WOW... wir sind seit einem Monat unterwegs. Wir haben unser Leben grundlegend geändert und langsam können wir sagen, wir sind angekommen. Das neue Leben ist einfacher und wir müssen auf Vieles verzichten, doch gibt es uns so ungaublich viel. Oft sitzen wir im Bus und können gar nicht in Worte fassen, was in uns vor geht. Tief beeindruckt und immernoch ein wenig ungläubig darüber, dass das jetzt unser Leben ist.
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Tommy und Melli (Mittwoch, 20 Juni 2018 23:11)
Viele Liebe Grüße aus Portugal an euch Zwei! Wirklich tolle Bilder und Zeilen. Viel Spaß weiterhin und Danke nochmal für das WFF Woodstage Video ;)
Laurüüü (Samstag, 23 Juni 2018 09:26)
Wunderbar auf diese Weise dabei sein zu können und sich vorzustellen und zu träumen...ihr beide seht aber auch so gut aus in dieser Landschaft! ;)