Das letzte Ziel in Thailand - Koh Phangan

„So eine Fahrt bei Sturm und heftigem Wellengang ist ja sowieso nur eine Sparmaßnahme, außerdem ist es viel umweltfreundlicher“, gab Tani der sehr blassen Sarah zu bedenken, die versuchte nicht zuzuhören und sich lieber auf ihre Atmung konzentrierte.

Einatmen - du hörst das blöde Geschwafel nicht.

Ausatmen - dir ist nicht schlecht.

Einatmen - gleich erzählt er wieder totalen Quatsch.

Ausatmen - dir ist nicht schlecht.

„Ich meine, das Schiff schaukelt wild hin und her, dadurch muss jeder Dritte kotzen. Das heißt, weniger Gewicht, also weniger Treibstoffverbrauch, also Geld gespart und Umwelt gerettet.“

 

„Tani, wenn du nicht sofort die Klappe hältst, werfe ich dich über Bord!“

Wir befanden uns auf der Fähre von Koh Tao nach Koh Phangan, unserem letzten Ziel in Thailand. Schon am Pier begann es wie aus Eimern zu regnen und zu stürmen. Grelle Blitze zuckten über den grau behangenen Himmel, während wir schwer bepackt das kleine Schiff bestiegen. Bis auf die Schlüppi durchnässt, betraten wir den, durch Klimaanlagen extrem heruntergekühlten, Passagierraum.

Frierend bekamen wir natürlich einen Platz direkt neben einem der kalten Lüfter und zusätzlich tropfte es genau dort von der Decke. Um uns herum schniefte und hustete es und das Wetter legte noch einen drauf, als wir von der kleinen Insel ablegten. Als wir das Ufer etwas hinter uns gelassen hatten, ließen meterhohe Wellen den Bug auf- und abschlagen und man merkte, dass der Kapitän reichlich zu tun hatte, das Boot auf Kurs zu halten. Immer wieder krachte der Rumpf mit einem starken Ruck auf die Beton gleiche Wasseroberfläche. Immer wieder standen sehr blasse Passagiere auf, um auf die wenigen Toiletten zu stürmen. Nach etwa einer Stunde verteilte ein Crewmitglied Plastiktüten und Minzöl. Am freien Heck des Schiffes, sammelte sich die Horde der Seekranken, dessen Anzahl von Minute zu Minute stieg. Auch Sarah hatte sehr mit einem flauen Magen zu tun.

Dann endlich, nach etwa 2 Stunden, hatten wir die Küstennähe von Koh Phangan erreicht und das Meer wurde langsam ruhiger. Der Regen hörte auf und der Himmel wurde allmählich heller.

„Das hat Spaß gemacht“, lachte Tani, die grüne Gesichtsfarbe von Sarah ignorierend.

 

„Wenn wir das nächste Mal fliegen und deine panische Flugangst dich dazu treibt, dich krampfhaft an den Lehnen deines Sitzes festzuklammern, bekommst du das alles zurück“, prophezeite Sarah und Tani blieb sein Lachen schlagartig im Hals stecken.

Wir schulterten unsere Rucksäcke und verließen das Höllenmobil mit wackeligen Beinen und uns taten all die Seekranken leid, die an Bord bleiben mussten, um weiter nach Koh Samui zu fahren.

 

Unser Hotel lag nicht weit vom Pier entfernt und wir genossen bei einem kleinen Fußmarsch die vom Regen so herrlich gereinigte Luft. Unsere beiden Hosts waren unglaublich freundlich und hilfsbereit und wir wurden direkt mit einem Kaffee begrüßt. Für insgesamt 6 Tage hatten wir uns eingemietet und bemerkten schnell, dass unsere Unterkunft super gelegen war. Wir hatten Strände, Parks und viele Märkte in unserer unmittelbaren Nähe. Besonders der „Food Court“, eine überdachte Halle, in der sich viele kleine Foodstände befinden, freute uns. Dort konnten wir sehr gut und vor allem sehr günstig essen. Das Schöne an so einem „Food Court“ ist, dass man sich auch von unterschiedlichen Ständen etwas holen und dann trotzdem gemeinsam speißen kann. Gleich am ersten Abend schlemmten wir uns von Stand zu Stand und schlossen das festliche Mahl mit einem Brownie und einem frisch gepressten Fruchtshake ab.  

Dafür zahlten wir zusammen keine zehn Euro. Außer dem Frühstück, welches wir in unserer Unterkunft erhielten, aßen wir jede weitere Mahlzeit auf solchen kleinen Märkten. Das Essen war frisch, schmeckte unglaublich lecker, wir hatten eine riesige Auswahl und konnten dadurch jeden Tag ein paar Euro einsparen.

 

„Alfo fo fpart man doch gerne“, mumpelte Tani mit vollem Mund, kleine Stücke von kross frittiertem Hühnchen-süß-sauer umher sprenkelnd.

„Du könntest mal ein bisschen Spucke sparen und beim Kauen die Klappe halten“, empörte sich Sarah, das Gesicht wischend.

 

 

Leider hatten wir weniger Glück mit dem Wetter. Zwei tagelang war der Himmel von dichten grauen Wolken bedeckt und jedes Mal, wenn wir gerade eine kleine Runde spazieren gehen wollten, öffneten sich die Himmelsschleusen und es begann zu regnen. So verbrachten wir die ersten zwei Tage fast nur in unserem kleinen Zimmer. Doch wir genossen es, es uns in unserem Bambus-Bett gemütlich zu machen und Hörbuch zu hören, während der Regen leise säuselnd an unser Fenster trommelte.  

Außerdem begann das Projekt „renoviere deinen Körper“. Wir bekämpften unseren inneren Schweinehund und machten täglich ein kleines Workout. Schnell merkten wir wie vor allem unseren strapazierten Rücken der Sport sehr gut tat.

„Ich glaube, ich habe Sport immer falsch verstanden“, stöhnte Tani während eines anstrengenden Trainings.

„Warum das?“ fragte Sarah.

„Ich dachte immer, dass bedeutet: „Six Pack Ohne Richtiges Training - S.P.O.R.T. … Ich dachte, ich liege einfach so da und aus meiner Waschtrommel wird ein Waschbrett. Stattdessen racker ich bis zur Kotz-Grenze, vielleicht heißt es deswegen ja auch Würg-Out. “

„Ich weiß schon lange, dass du eher Training bevorzugst. T.R.A.I.N.I.N.G. - Tani's Rekordverdächtiger Adonis Ist Natürlich Immer Nur Gerede“, meinte Sarah.

Kommentarlos stand Tani auf und führte seine Übungen fort.

 

Nach zwei Tagen mieteten wir uns dann einen Roller. Zwar war das Wetter immer noch sehr durchwachsen, doch im Allgemeinen etwas besser. Und so fuhren wir an unserem ersten motorisierten Tag, der Küste folgend, in den Norden der Insel.  

Unser Ziel war eine kleine vorgelagerte Insel, die man bei Ebbe über eine Sandbank zu Fuß erreichen kann. Da wir bis zum niedrigsten Wasserstand noch ein paar Stunden hatten, suchten wir uns auf der Karte noch eine andere Sehenswürdigkeit. Der Name „Paradise Waterfall“ fiel uns ins Auge und wir steuerten den kleinen Wasserfall an. Die Straße bis zu diesem sehr versteckten Ort war schlecht und ziemlich abenteuerlich, doch wir erreichten den Parkplatz sicher. Bei einer älteren sehr freundlichen Dame zahlten wir 20 Baht (etwa 60 Cent) „Eintritt“ pro Person und erhielten jeder eine kleine Flasche Wasser dazu, was bei der schwülen Luft sehr gut tat. Der Paradies Fall ist zweigeteilt. Den ersten Teil erreicht man schon nach wenigen Metern laufen. Ein kleines Rinnsal Wasser fällt in ein künstlich angelegtes Becken, in dem man schwimmen kann. Im Allgemeinen sehr schön, doch unser Ziel war der zweite Wasserfall. Wir schlugen uns einem kleinen, nicht immer ersichtlichen Trampelpfad folgend, durch den dichten wilden Dschungel und erreichten nach etwa einer halben Stunde den eigentlichen Wasserfall, der seinem Namen alle Ehre macht.

Zwischen Palmen gelegen tauchte vor uns ein kleiner natürlich geschaffener Pool auf, in dem winzige Fische schwammen. Der Wasserfall plätscherte fröhlich in dieses herrlich von Grün umwachsene Becken und die Sonne lies das glasklare Wasser glitzern. Das eiskalte Nass war nach der schweißtreibenden Dschungeltour ein wahrer Genuss und das Schönste, wir waren ganz alleine. Ein Schwimmring, der am Ufer schon auf uns wartete, wurde von Sarah sofort in Beschlag genommen.  

Außer dem Geplätscher des Wassers, den Gesängen der Vögel und dem Zirpen der Insekten, war nichts zu hören und lachend vor purer Glückseligkeit plantschten wir in dem kleinen Teich. Als wir nach etwa einer Stunde unsere Sachen zusammenpackten, um wieder los zu ziehen, kamen uns einige andere Besucher entgegen. Wir hatten wirklich Glück, diesen fantastischen Naturpool ganz für uns gehabt zu haben.

 

Nach diesem wunderschönen Erlebnis war es soweit, dass wir uns langsam zu der kleinen vorgelagert Insel Ko Ma aufmachten. In der Nähe eines Panorama-Cafés, in dem wir einen Kaffee tranken, fanden wir einen versteckten Platz, von dem aus wir einen super Blick hatten.

Die Sandbank, über die immer mehr Menschen strömten, war schon gut sichtbar. Also warfen wir uns erneut auf unseren Roller und fuhren zu besagtem Strand. Der kleine Spaziergang durch knöchelhohes Wasser auf die Insel war schön, doch die Aussicht, die wir von oben ganz für uns alleine hatten, gefiel uns tatsächlich besser.

Auf dem Rückweg machten wir noch Halt an zwei weiteren Viewpoints und gingen an einem Strand baden. Letztes Ziel für diesen Tag, war die hängende Palme, die so schief steht, dass sie vom Ufer aus, ein paar Meter über das Meer hängt, leider wurde der Himmel wieder grauer und dunkler, weswegen das Bild nicht so wurde, wie wir es uns gewünscht hatten.

 

 

Am zweiten Tag unserer motorisierten Mobilität fuhren wir weg von der Küste, einmal quer über Koh Phangan. Von allen Inseln, die wir bisher in Thailand besucht haben, mögen wir diese wegen ihrer Wild- und Unberührtheit besonders. Wir fuhren bergauf und bergab, immer links und rechts von dichtem Dschungel umgeben. Der frische Fahrtwind, der uns um die Nase schlug, trug die herrlichen Gerüche der Natur zu uns. Am Ao Thong Nai Pan Yai , einem Strand im Nord-Osten der Insel angekommen, begann es in Strömen zu regnen. Wir mussten 100 Baht (etwa 3€) pro Person zahlen, die sich für uns somit leider nicht lohnten. Den Eintritt hatten wir schon gezahlt, bevor es zu regnen begann. Die Ufer waren stellenweise überflutet und die eine kleine Nachbarbucht, die wir unbedingt erreichen wollten, da sie als Geheimtipp empfohlen wurde, war gesperrt.  

Jetzt mag der eine oder andere sich vielleicht denken, „Ja aber 3€ sind doch jetzt wirklich nicht so viel.“... An sich mag das stimmen, aber jeder Euro, den wir sparen können, heißt für uns, länger zu reisen. Wir haben uns ein Tageslimit von 40€ gesetzt. Das heißt, abzüglich unserer Unterkunft, unserer Mahlzeiten, des gemieteten Roller plus Sprit, bleibt nicht so viel Spielraum. Da sind 6€ umsonst gezahlter Eintritt schon eine Summe, die uns ärgert. Nur eine, an einer Palme befestigten, Schaukel konnte Tani bei Laune halten.

„Schau mal, ich bin Tarzan“, rief er vor Freude laut juchzend und bevor Sarah ihn aufhalten konnte oder ihm begreiflich machen konnte dass die 235 Menschen in dem kleinen Restaurant nebenan eventuell erschrecken könnten, öffnete er den Mund und schrie aus vollstem Hals den Erkennungsschrei des Dschungelmenschen:

AAAAAAAAAAAAI JAAAAAAAI JAAAAAAAAA!“

Und als wäre das nicht peinlich genug, sprang er von der Schaukel herunter, trommelte sich einem Silberrücken gleich die Fäuste auf die Brust und rief der rot anlaufenden Sarah entgegen „Tani fertig, Tani jetzt fahren wollen“ und hopste auf allen Vieren in Richtung unseres Rollers.

 

Wir beschlossen unseren Roller noch ein wenig zu nutzen und fuhren in den Süden der Insel. Dort fanden wir einen kleinen Aussichtspunkt, von dem wir die dicht verhangene Nachbarinsel Koh Samui sahen. Da das Wetter erneut umschlug, fuhren wir zurück zu unserer Unterkunft.  

Heute ist er angebrochen, der letzte Tag auf Koh Phangan. Der letzte Tag auf unserem letzten Ziel in Thailand. Zwei Monate sind vorbei und wir stehen kurz davor, dieses wunderschöne Land zu verlasse, welches uns einen so guten Start in unser neues Abenteuer ermöglicht hat. Unsere Gedanken sind da sehr zweigeteilt. Auf der einen Seite ist es schade, dass Land vorerst verlassen zu müssen, doch auf der anderen Seite sind wir schon so gespannt auf Malaysia, unserem nächsten Ziel. Geplant sind jetzt noch zwei Tage am Festland, bevor wir einen Zug besteigen werden, der uns über die Landesgrenze bringt.  

Eventuell kommen wir am Ende unserer Reise noch einmal zurück , um den Norden Thailands zu erkunden, bevor es für uns wieder nach Hause geht, doch das wird sich zeigen, wenn es soweit ist. Vorerst geht unser Abenteuer in Malaysia weiter und wie immer, wenn wir kurz davor stehen in ein für uns neues und unbekanntes Land zu reisen, stellen sich uns die immer gleichen Fragen.

Was wird uns erwarten? Welche Orte und Menschen werden uns begegnen? Welche Abenteuer kommen auf uns zu? Gibt es da genauso leckere Fruchtshakes und ganz speziell für Tani, gibt es genügend Grundlagen für schlechte Witze?

Egal was vor uns liegt, wir wissen, dass unser Weg spannend wird und uns weiter formen wird. Wir hoffen, dass dieser Weg nicht geradlinig ist, sondern viele Kurven und Wendungen einschlägt und wir freuen uns auf alles, was sich für uns ergeben wird, denn oft sind es die ungeplanten Erlebnisse die die besten Geschichten ausmachen.

 

Liebe Grüße von eurem Team Tuckerbus

 

Tani und Sarah

Epilog

 

„Wir müssen uns angewöhnen ein wenig leiser zu reden bevor wir Thailand verlassen“, raunte Tani in Sarah's Richtung.

„Wieso denn das jetzt schon wieder?“ gab Sarah zurück.

„Aus Respekt der malaiischen Kultur gegenüber. Die Urvölker von Malaysia haben aus Ehrerbietung der Natur gegenüber immer nur flüsternd kommuniziert. Als dann später die westliche Welt immer größere Teile des Regenwaldes eroberte, zog auch der Trubel und die Lautstärke mit ein.

Die Kommunikation zwischen den Einwanderern und den Einheimischen gestaltete sich aus multilingualen Gründen schwierig und so wurde ein Ausruf der Ureinwohner als Landesname missverstanden. Denn jedes Mal, wenn irgendwo geschrien wurde, riefen sie „Mach Ma Leis Ja?!“ und daraus wurde später Malaysia.

 

Pause (dieser Witz war derart peinlich, dass selbst die Grillen nicht einsahen, die peinliche Stille mit ihrem Zirpen zu untermalen.)

„Du hast die letzte halbe Stunde kein Wort mit mir geredet, nur um dir diesen bekloppten Witz auszudenken?“

„Ähm Ja?!“

 

 

-KLATSCH-

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Kommentare: 2
  • #1

    Lisa (Sonntag, 23 Februar 2020 10:44)

    Es ist verrückt, wie schnell doch die Zeit vergangen ist. Danke, dass ihr all die Erlebnisse auf eurer Reise durch Thailand mit uns geteilt habt!

    Eure Berichte sind einfach so schön geschrieben, dass man das Gefühl bekommt, manchmal dabei gewesen zu sein! Macht weiter so und verliert den Witz nicht!

    Ich wünsche euch eine schöne Weiterreise und freue mich, von euch zu lesen.

    Liebe Grüße

  • #2

    Gabi & Klaus (Sonntag, 23 Februar 2020 12:36)

    So schnell vergehen zwei Monate, zwei Monate in einer anderen Kultur und einer unbeschreiblich schönen Natur liegen hinter Euch und wir durften wieder teilhaben an den tollen Ausflügen und kulinarischen Leckereien in Form von Bild und Video.
    Es ist doch erstaunlich, wie sich Tani in die neue Umgebung eingefügt hat und nun zu Deinem Leidwesen, Sarah, auch noch auf allen Vieren Dich beglückt.
    Möge er in Malaysia die Kokosnüsse von den Palmen holen und Dir zu Füssen legen.
    Zu dieser neuen Etappe Eu'rer Reise wünschen wir Euch viel Glück. Bleibt so neugierig und humorvoll.
    Liebe Grüße
    Gabi und Papa